HAPPY END STORY BOBITZA

Bobitza kam in unser rumänisches Partnertierheim, als Abgabetier, das kommt bei uns sehr selten vor. Die meisten Hunde, die nicht mehr gewollt sind werden in der Regel einfach im Nirgendwo ausgesetzt. Bobitza hatte angeblich Probleme beim Kotabsetzen, dies war der Abgabegrund, was sich allerdings nie bestätigte. Er war ein sehr freundlicher Kerl, der zuvor im Hof lebte und wartete tatsächlich nur ein paar Monate bis er zu Andreas zog. Eigentlich erstmal nur als Pflegehund, aber schnell war klar, dass er bleiben durfte. Inzwischen ist Andreas ein Teil unseres Teams, was uns neben dem Bleiben dürfen von Bobitza sehr freut. Die gemeinsame Happy- End Story der beiden hat uns besonders berührt, da sie ungefiltert beschreibt, wie es eben auch laufen kann, das Probleme aufkommen können, die es dann aber gilt zusammen zu lösen. Aber lest gerne selber:

 

„Am Anfang, das Ungewisse!

 

Jetzt sitze ich hier in Dänemark am Ende unseres ersten Urlaubes im August 2022 und weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Die Sehnsucht nach einem Hund war groß. Aber es ist Winter 2020, Corona ist ausgebrochen und die Welt steht still.Ich bin Student und lebe in einer 4er WG mitten in Berlin-Neukölln und habe bisher wenig Erfahrungen mit Hunden. Es gibt immer 100 Gründe, warum es noch nicht der richtige Zeitpunkt ist. Dennoch entschied ich mich, Julia von CATDOG e.V. zu schreiben, um wenigstens ein Gefühl für den Verein zu bekommen. Und was soll ich sagen, ich war begeistert. Der Verein scheint seriös zu sein, authentisch und diese Leidenschaft spürt man sofort. Ich durfte einen Hund auf Pflegestelle in Berlin kennenlernen und auch die Pflegestelle machte einen tollen Job und das Kennenlernen war super entspannt. Leider klappte es mit dem ersten Hund, den ich auf der Pflegestelle kennenlernen durfte aufgrund meiner Umstände nicht, es hat leider nicht sein sollen. Auch das hat mir ein gutes Gefühl gegeben, da ich zu nichts gedrängt oder emotional unter Druck gesetzt wurde. Also gingen wir auf die Suche für einen passenden Begleiter für mich, als Julia mir Bobitza vorstellte, war ich hin und weg. Großer rotblonder Hund, viereinhalb Jahre. Ihn wollte ich unbedingt kennenlernen, leider war er noch bei HAR in Rumänien und ich entschied mich als eine Pflegestelle mit Option für ihn. Der Transport im Januar 2021 kam immer näher, die Aufregung steigerte sich und als ich ihn das erste Mal sah, war mir klar, den geb ich nicht mehr her. Ein großer, leicht übergewichtiger Fuchs. Aber die Ruhe selbst. Wir fuhren los Richtung Berlin-Neukölln stiegen aus und Bobitza war da. Er lief schon gut an der Leine und schien ein wenig gestresst, aber nicht panisch. Doch dann kamen die Treppen und es waren viele Treppen. Nichts ging mehr, weder mit locken noch ziehen noch auf die Treppen stellen. Also hieß es 37 KG in den 4. Stock tragen, aber was macht man nicht alles für den ersten Hund. Zu Hause angekommen lief er erst mal fragend durch die WG, alles wurde genau begutachtet, aber er war sofort allen aufgeschlossen und fand seinen Schlafplatz neben meinem Bett von Anfang an super.

 

Es schien unkompliziert!

 

Die ersten Tage vergingen wie im Flug, Bobitza schläft viel, isst gut und war sofort stubenrein. Die Treppen machten ihm die ersten 2 Tage solche Angst, dass ich ihn jedes Mal hoch und runtertrug, bis Max von CATDOG e.V. vorbeikam und die Angst in ihm löste. Er wusste genau, was zu tun war, und sofort lief er hoch und runter, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Bobitza war unkompliziert, aber ein Sturkopf durch und durch. Er spielt nicht gerne, trollt nicht herum oder rennt Bällen „sinnlos“ hinterher, es scheint so, als wäre jeder Schritt genauestens überlegt, ob es ihn wert ist zu gehen. Seine Lieblingsbeschäftigung wurde schnell klar. Rumliegen, gekrault werden und sich zwischendurch Leckerlis abholen. Draußen schnüffelt er gerne, aber mir war schnell klar, der Sportlichste ist er nicht und will er auch gar nicht sein. Aber schlau ist er, umso schneller lernte er die ersten Kommandos und auch die Tricks hatte er sofort begriffen. Die kurzen Spaziergänge durch den Kiez und auf dem Tempelhofer Feld schienen ihm gutzutun, er speckte sehr schnell ab. Menschen begegnete er immer freundlich und liebte es, sich überall Streicheleinheiten abzuholen. Hunde fand er nicht so interessant und war eher froh, wenn wir an ihnen vorbeiliefen. So vergingen die ersten Wochen und es wirkte alles so perfekt …. Kleine Fehler, große Auswirkung! Durch meine Unerfahrenheit und trotz

seiner Zeichen habe ich nicht mitbekommen, wie er täglich gestresst durch den Hundefreilauf gegangen ist. Er war nie sonderlich aggressiv, aber immer bestimmt den anderen gegenüber, dass er nicht zum Spielen hier ist. Er fing an, die Hunde zu besteigen, wenn welche spielten, dazwischenzugehen oder vor der Tür zustehen und Neuankömmlinge gleich unter die Lupe zu nehmen. Ich lief jeden Tag mit ihm da rein und er war ab da auf sich alleine gestellt und ich dachte mir immer, so ist er halt. Bis sich das Verhalten an der Leine langsam, aber stärker änderte und er sich, wenn wir zu nah an anderen Hunden vorbeigingen, lautstark bemerkbar machte, in die Leine sprang, sich wild drehte oder auf den Hinterpfoten stand. Manchmal war er so in seinem Tunnel, dass er leicht um sich schnappte, es tat nicht weh und er biss auch nicht zu, aber es war ein Schock. Die typischen Situationen im Alltag waren, man läuft auf der Straße und es kommen andere Besitzer*innen mit Hunden auf dem schmalen Bürgersteig entgegen. Für mich hieß es, wo ist die nächste Lücke, damit ich die Straßenseite wechseln kann, in meinem Kopf rattert es schon, was ist, wenn da auch ein Hund ist? Wohin dann? Bleibe ich hier einfach auf der Straße stehen? All diese Gedanken schossen mir durch den Kopf und Bobitza merkte sofort, da stimmt etwas nicht, er muss diese Situationen irgendwie selbst lösen. Und da war dann die Unsicherheit nach 6 Monaten bei mir, die sich immer mehr auf Bobitza übertrug. Jeder Spaziergang begann mit Bauchschmerzen und wir schlichen nur noch durch den Kiez in der Hoffnung, keine anderen Hunde zu begegnen. Alleine das Klimpern der Marke reichte aus und er spitzte die Ohren, ich wurde unsicher und er geriet darauf hin in seine Muster und ich in meine: nur noch schnell weg hier!

 

Ein Neuanfang!

 

Nach wochenlangen Selbstversuchen, die es eigentlich nur noch schlimmer machten, holten wir uns Hilfe. Sowohl eine Hundetrainerin als auch der Verein und Freunde haben mir geholfen, sicherer zu werden und siehe da, nach den ersten Tagen gab es die ersten kleinen Erfolge. Es gab nicht die eine Trainingsmethode für mich und schon war alles gut, ich musste meine eigenen Methoden finden. Aber Hilfe in Anspruch zu nehmen, lohnt sich immer. Bobitza musste nicht viel ändern, das meiste änderte ich an meinem Verhalten. Ab da an übernahm ich die Führung und Bobitza musste zum ersten Mal lernen, mir zu vertrauen, was mit seinem Dickkopf nicht leicht war. Der Hundeauslauf wurde zur Tabuzone. Ich musste mit selbstbewusster Körpersprache dabei Bobitza eng bei mir an anderen Hundebesitzer*innen vorbeigehen. Es gab kein Versteckspiel mehr. Wichtig war es, die Aufmerksamkeit von ihm auf mich zu lenken und nicht auf die anderen Hunde zu reagieren. Nach und nach lernte ich ihn zu lesen, die Situationen einzuschätzen und die richtige Entscheidung zu treffen. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, ihn endlich richtig kennenzulernen. Ab da an wurde es besser und besser. Jeder kleine Schritt wurde gefeiert. Wir liefen mit breiter Brust durch den Kiez, fuhren mit den Öffis und lernten neue Orte, Menschen und auch andere Hunde kennen. Auch wenn er sich nicht sonderlich viel für andere Hunde interessiert, freut er sich dennoch immer seine Freunde im Kiez zu sehen, vor allem sich bei den Besitzer*innen Streicheleinheiten abzuholen.

 

Happy End?

 

Es ist Mitte August 2022 und wir haben unseren ersten Urlaub hinter uns. Und jetzt sitze ich hier in Dänemark und weiß nicht, wie ich diesen Text zu Ende bringen soll. Ich glaube, durch unsere Höhen und vor allem durch unsere Tiefen sind wir so sehr zusammengerückt. Er hat seine Eigenarten, die ich auch habe. Er ist nicht perfekt, was ich lange nicht bin. Manchmal erwarten wir so viel von unseren Hunden, mach Sitz, mach Platz, mach dies und jenes, aber beschweren dürfen sie sich nicht. Seit ich ihn so lasse, wie er ist und wir einen Weg gefunden haben, wie wir zusammen durchs Leben gehen können, kann ich mir keines ohne ihn mehr vorstellen. Er ist nicht der typische Hund aus dem Bilderbuch, der es liebt, einen Ball zu jagen und mit anderen Hunden herum zu trollen, aber das soll er auch gar nicht sein. Seine Interessen und Bedürfnisse sind andere und das habe ich gelernt zu verstehen. Ich habe das Gefühl, während hier sitze, endlich mit ihm ein Happy End gefunden zu haben, obwohl es gar kein Ende ist, sondern erst der Anfang einer gemeinsamen langen und schönen Reise.

Wir sind so froh und dankbar, wenn sich das Leben für unsere Schützlinge so wandelt. Danke Andreas für eure Happy End Story!